Kreuz und quer durch die Musikgeschichte

Es gibt aus den letzten mehr als 300 Jahren unglaublich viele schöne Stücke für die Querflöte. Gemeinsam mit euch möchte ich in diesem grossen Fundus stöbern und einige Stücke besonders hervorheben. Dabei gehen wir nicht der Reihe nach - das wäre ja langweilig - sondern kreuz und quer durch die Epochen.

Wer möchte, kann sich hier zuerst einen kleinen Überblick über die verschiedenen Epochen der Musik (aus Sicht der Querflöte) verschaffen. Wem das zu trocken ist, der geht gleich weiter nach unten. Dort findet ihr die  Beiträge zu den verschiedenen Stücken mit Youtube-Filmen zum Schauen.

Eine kleine (Musik-)Geschichte zur Querflöte

Einleitung

Querflöten gibt es schon fast seit Menschengedenken. Die ältesten Querflöten, die gefunden wurden, stammen aus der Steinzeit und sind aus Knochen. Später wurden dann auch Flöten aus Holz gebaut. Aus der „uralten Zeit“ ist aber überhaupt keine Musik überliefert. Daher wissen wir nicht, wie die Musik damals geklungen hat. Erste erhaltende Notenschriften gibt es erst seit dem Mittelalter. Je näher wir der heutigen Zeit kommen, desto mehr Noten und Stücke sind erhalten geblieben. Viele dieser Stücke werden bis heute gespielt.

Im Folgenden eine kleine Übersicht über die wichtigsten Epochen der (europäischen) Musikgeschichte, die auch für uns Flötisten interessant sind:

(Als Quelle nutzte ich die Informationen auf:
http://www.flutepage.de/deutsch/history/index.php)

Renaissance (15. und 16. Jahrhundert)

Lange war die Querflöte ein eher schrilles Instrument in der Volks- und Militärmusik und wurde „Schweizerpfeiffe“ genannt. In der Renaissance wurde ihre Bauweise nach und nach verändert, so dass sie einen weicheren und wohlklingenderen Klang bekam. Die Querflöte der Renaissance war aus Holz (deshalb zählt die Querflöte bis heute zu den Holzblasinstrumenten) und hatte nur sechs Löcher, entsprechend begrenzt waren ihre Möglichkeiten. Bei den Komponisten spielte sie eine untergeordnete Rolle, viel häufiger wurde in dieser Zeit die Blockflöte eingesetzt.

Barock (ca. 1600-1750)

Auch am Anfang des Barockzeitalters war die Blockflöte noch viel weiter verbreitet als die Querflöte. Nach und nach wurde aber die Bauweise der Querflöte verbessert, es kamen mehr Löcher und erste Klappen hinzu. Ab etwa 1700 fand die Querflöte mehr und mehr Anklang, und so berühmte Komponisten wie Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Antonio Vivaldi schrieben Stücke für sie. Aus der Zeit nach 1700 gibt es eine kaum zu überblickende Zahl an Stücken für die Querflöte.

In der Übergangszeit vom Barock zur Klassik regierte in Preussen König Friedrich II (1712-1786). Als Hobby spielte er Flöte und er komponierte auch einige Stücke für die Querflöte. Sein Flötenlehrer war Johann Joachim Quantz, welcher eine der ersten Querflötenschulen schrieb, die es gibt.

Berühmte Stücke aus dem Barock

Johann Sebastian Bach:
Flötensonaten / Suite in h-Moll (mit der berühmten „Badinerie“) /  „Aus Liebe will mein Heiland sterben“ aus der Matthäus-Passion / Partita für Flöte solo
Michel Blavet:
Flötensonaten
Georg Friedrich Händel:
Flötensonaten
Antonio Vivaldi:
Flötenkonzerte op. 10 / Konzert für zwei Querflöten in C-Dur / Konzert für Piccolo

Klassik (ca. 1750-1830)

In der Epoche der Klassik hat die Querflöte die Blockflöte gänzlich „vertrieben“. Die Querflöte wurde ein Standartinstrument in jedem Orchester. Der Bau der Querflöte wurde stetig weiterentwickelt, es kamen mehr und mehr Klappen dazu. Allerdings brachten die meisten Veränderungen ebenso viele Nachteile wie Vorteile… Vielleicht schrieb Mozart deshalb einmal an seinen Vater, dass er die Querflöte nicht ausstehen könne (um dann wunderschöne Musik für unser Instrument zu schreiben…)

Berühmte Stücke aus der Klassik

François Devienne:
Konzerte / Sonaten
Christoph Willibald Gluck:
Reigen seliger Geister (aus der Oper „Orfeus und Euridike“)
Wolfgang Amadeus Mozart:
Quartette für Flöte und Streichtrio / Konzerte in G-Dur und D-Dur / Andante in C-Dur für Flöte und Orchester / Konzert für Flöte und Harfe C-Dur

Romantik (ca. 1820-1850) und spätes 19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert wurde die Flöte zwar von den „bedeutenden“ Komponisten mit vielen schönen Orchesterstellen beschenkt, in der Kammermusik und als Soloinstrument wurde sie aber kaum noch beachtet. Die meisten Solo-und Kammermusikstücke sind von Flötisten geschrieben, die damit u.a. auch ihre Virtuosität zur Schau stellen wollten.

Dennoch ist diese Zeit für uns Flötisten sehr wichtig, wurde doch unsere heute noch gebräuchliche Querflöte „erfunden“: Theobald Böhm (1794-1881), Goldschmied und Flötist, entwickelte ab 1830 eine vollkommen neue Bauweise mit einem Klappensystem, das die Griffweise enorm vereinfachte. Noch heute spielen wir auf der sogenannten „Böhmflöte“. Böhm war auch der erste, der neben Flöten aus Holz solche aus Silber baute.

Berühmte Stücke dem 19. Jahrhundert

Georges Bizet:
Entr’Acte aus der Oper „Carmen“
Johannes Brahms:
Flötensolo im 4. Satz seiner Sinfonie in e-Moll
Felix Mendelssohn Bartholdy:
Scherzo aus dem „Sommernachtstraum“ (Orchester)
Franz Schubert:
Variationen über „Trockne Blumen“ für Flöte und Klavier
Carl Maria von Weber:
Trio für Flöte, Cello und Klavier
Sowie viele „Salon-Stücke“, häufig von Flötisten geschrieben wie: Theobald Böhm, Albert Franz Doppler, Kaspar Fürstenau, Guiseppe Gariboldi, Ernesto Köhler, Jean-Louis Tulou u.a.

Die Zeit um 1900 (Belle-Epoque, Impressionismus)

Kurz vor 1900 kam Bewegung in die Literatur für Querflöte. Sicher trugen die Verbesserungen Böhms im Flötenbau einiges dazu bei. Ganz wichtig war aber auch, dass in Paris eine regelrechte Hochburg in der Ausbildung von Flötisten entstand.

Paul Taffanel war Querflötenlehrer am Konservatorium in Paris und gilt als Begründer des „modernen“ Querflötenspiels (häufig auch als „Französische Schule“ bezeichnet). Zu seinen Schülern gehörten u.a. Philippe Gaubert und Marcel Moyse. Taffanel und Gaubert schrieben zusammen eine Flötenschule und wirkten auch als Komponisten. Marcel Moyse hat viele Hefte für die Flötentechnik geschrieben, die bis heute in Gebrauch sind. Fast alle heutigen Flötisten haben eine mehr oder weniger direkte Verbindung zur Französischen Schule.

Die bedeutenden französischen Komponisten dieser Zeit ehrten die Flöte nun mit gewichtigen Solo-Stellen in ihren Orchesterwerken, und es entstanden viele Stücke für Flöte und Klavier, die bis heute zum absoluten Standart-Repertoire gehören und die man fast kennen „muss“.

Musikgeschichtlich ist diese Zeit sehr interessant, weil sich da die ersten Komponisten vom traditionellen Denken in Tonarten lösten. Claude Debussy z.B. begann, mit Ganztonleitern zu experimentieren und setze verschiedene Klänge so frei nebeneinander, wie die Maler des Impressionismus ihre Farben (z.B. Claude Monet). So entstanden Stücke, die einen unglaublich schwebenden und „flirrenden“ Charakter haben.

Berühmte Stücke aus der Belle-Epoque und dem Impressionismus

Cécile Chaminade:
Concertino op. 107 für Flöte und Klavier
Claude Debussy:
Prélude à l‘après-midi d’un faune / Syrinx / Sonate für Flöte, Bratsche und Harfe
Gabriel Fauré:
Fantasie op. 79 / Sicilienne aus "Péleas et Mélisande"
Philippe Gaubert:
Fantaisie / Nocturne et Allegro Scherzando
Maurice Ravel:
Solo im Ballet „Daphnis et Chloé“ / Anfang des „Bolero“
Camille Saint-Saëns:
Volière aus „Karneval der Tiere“
Paul Taffanel:
Andante Pastorale et Scherzettino
Charles-Marie Widor:
Suite für Flöte und Klavier
Und viele mehr

Das 20. und 21. Jahrhundert

Musikgeschichtlich ist das 20. (und 21.) Jahrhundert unglaublich vielfältig, auch für uns Flötisten. Bis zum späten 19. Jahrhundert lässt sich die Entwicklung der Musik einigermassen einheitlich fassen und erklären. Ab etwa 1900 gibt es aber unzählige verschiedene Strömungen und Kompositionsschulen, die sich nicht mehr einheitlich zusammenfassen lassen. So stehen spätromantische Stücke neben unglaublich modernen, im Jazz, Pop und Rockbereich hat sich ebenfalls eine gänzlich eigenständige Entwicklung vollzogen.

Hier ein kleiner, unvollständiger Überblick: Nach dem im späten 1900 Jahrhundert die Tonalität bis an die Grenzen ausgelotet wurde und in Frankreich mit Debussy und Ravel erste Impressionistische Musik entstand, lösten sich nun immer mehr Komponisten vom Denken in Tonarten.  Bis ca. 1920 entstanden immer mehr freitonale und atonale Stücke (teilweise auch als Expressionismus bezeichnet). In Wien entwickelten Komponisten rund um Arnold Schönberg die Zwölfton-Musik. Gleichzeitig wandten sich die ersten Komponisten aber auch wieder der tonalen Musik zu und so entstand der Neoklassizismus. Seit dem Zweiten Weltkrieg bezogen immer mehr Komponisten auch Geräusche in ihre Kompositionen mit ein. In diesen Stücken müssen wir Flötisten z.B. gleichzeitig Singen und Spielen, Klappen- und Luftgeräusche kommen ebenso vor wie Mehrklänge (also all das, was wir im „schönen“ Querflötenspielen möglichst nicht machen sollen, dürfen wir hier umso mehr).

Im Folgenden eine Auflistung von mehr oder weniger zentralen Stücken aus dem Flötenrepertoire

Noch einigermassen traditionell:

Paul Hindemith:
Sonate für Flöte und Klavier / Acht Stücke für Flöte solo
Arthur Honegger:
Danse de la chèvreFrancis Poulenc:
Sonate für Flöte und Klavier
Jacques Ibert:
Flötenkonzert / Entr’acte für Flöte und Gitarre / Piece pour flûte seule
Bohuslav Martinů:
Sonate für Flöte und Klavier
Sergej Prokofjew:
Sonate für Flöte und Klavier / Solo in „Peter und der Wolf“

Mehr oder weniger modern und "schräg"

Pierre Boulez:
Sonatine für Flöte und Klavier
Tōru Takemitsu:
Voice für Flöte solo
George Crumb:
Vox balaenae für Flöte, Cello und Klavier

Jazz/Pop/Rock/...

Ian Anderson/Jethro Tull:
Diverse Songs
Herbie Mann:
Diverse Songs
Astor Piazolla:
Histoire du Tango

Und unendlich viele mehr!

Streifzug kreuz und quer durch die Musikgeschichte

Hier beginnt unser Streifzug kreuz und quer durch die Musikgeschichte. Ich freue mich, dass wir so gemeinsam einige spannende, schöne, überraschende Stücke entdecken können!

Die neuesten Beiträge kommen jeweils zuoberst, die älteren weiter unten.

Beitrag 11:
Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847):
«Ein Sommernachtstraum»

Beitrag 10:
Claude Debussy (1862-1918):
«Prélude à l'après-midi d'un faune»

Beitrag 9:
Jethro Tull / Ian Anderson:
«Bourrée» und «Locomotive Breath»

Beitrag 8:
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791):
Konzert für Flöte und Harfe in C-Dur

Beitrag 7:
Ludwig van Beethoven (1770-1827):
Sinfonie Nr. 7 in A-Dur

Beitrag 6:
Camille Saint-Saëns (1835-1921):
«Volière» und «Aquarium» aus dem «Karneval der Tiere»

Beitrag 5:
Matthias Ziegler (*1955):
Maschad

Beitrag 4:
Johann Sebastian Bach (1685-1750):
«Aus Liebe will mein Heiland sterben» aus der Matthäus-Passion

Beitrag 3:
Christoph Willibald Gluck (1714-1787):
«Reigen seliger Geister» aus der Oper «Orfeo ed Euridice»

Beitrag 2:
Maurice Ravel (1875-1937):
Suite Nr. 2 aus «Daphnis et Chloé»

Beitrag 1:
Maurice Ravel (1837-1937):
Boléro

(Das Kleingedruckte für die Eltern:
Die ausgewählten Youtube-Filme zeigten zur Zeit der Auswahl das gewünschte Stück. Für allfällige spätere Veränderungen kann ich keine Verantwortung übernehmen. Auch ist die Auswahl aus den unzähligen Aufnahmen häufig auch zufällig, es kann sich also lohnen, auch andere Aufnahmen des gleichen Stückes anzusehen/anzuhören.)